II. Abteilung, 2. Band, 1. Teil

Nr. 165

1884 Mai 9

Bericht1 über die 14. Sitzung der VII. Kommission des Reichstags

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[Beratung über den Wahlmodus für die Arbeitervertreter im Genossenschaftsvorstand nach dem abgeänderten § 42]

Diese [Sub]Kommission2, bestehend aus den Abgg. Dr. Buhl, Schrader, Frh. v. Hertling und Frhr. v. Maltzahn, hat inzwischen eine vollständige redaktionelle Umarbeitung des Abschnitts IV des Regierungsentwurfs vorgenommen und in der Sitzung vom 9. vorgelegt.3 Zu § 42 der neuen Redaktion, wonach die Vertreter der Arbeiter im Genossenschaftsvorstande durch die Vorstände der Orts-, Fabrik- und Knappschaftskassen innerhalb des Genossenschaftsbezirkes gewählt werden sollen, beantragt Abg. Dr. Buhl, mit Rücksicht auf die Einbeziehung der Baugewerke auch die Baukrankenkassen an der Wahl der Vertreter zu beteiligen. Die Abg. Dr. Hirsch, Dr. Gutfleisch und Schrader beantragten, daß die Arbeitervertreter von den Versicherten aus ihrer Mitte nach Maßgabe der statutarischen Bestimmungen zu wählen [seien] und begründeten diesen Antrag eingehend durch den Nachweis, wie ungerecht und unbegründet es sei, eine große Zahl der versicherten Arbeiter von jedem Wahlrecht auszuschließen, bloß weil dieselben von ihrem gesetzlichen Rechte, eingeschriebenen Hilfskassen anzugehören, Gebrauch machen, obgleich gerade diese doch ebenfalls gesetzlich geordneten Kassen die Unfallversicherung während der ersten Wochen ganz ohne Zuschüsse der Arbeitgeber leisten müssen, ihre Mitglieder also in stärkerem Maße beitragen als die der Zwangskassen. Aber auch von den letzteren schließe die Vorlage die Gemeindeversicherungs- und die Innungskassen aus, während die Ortskrankenkassen trotz ihrer häufig gemischten Mitgliedschaft, welche sie für die Vertretung in Berufsgenossenschaften am wenigsten geeignet mache, in erster Linie dazu erkoren seien. Solche grundlose Zurücksetzung besonders der Mitglieder der freien Kassen müsse die Arbeiter von vorn-

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herein mit Mißtrauen gegen solche Scheinvertretung erfüllen. Der deutsch-freisinnige Antrag entspreche dagegen der Gerechtigkeit, da er alle Arbeiter beteilige und zugleich der statutarischen Regelung volle Freiheit gewähre. Von anderer Seite wurde speziell die Heranziehung der Baukrankenkassen bemängelt, da dieselben größtenteils nur ephemere Anstalten seien. Allseitig erkannte man an, daß durch die Ablehnung der Arbeiterausschüsse ─ die in zweiter Lesung wahrscheinlich wiederhergestellt werden ─ auch die Wahlfrage außerordentlich erschwert werde. Sowohl Zentrum als Rechte, wie auch die Regierungsvertreter beharrten jedoch vorläufig auf dem Wahlmodus der Vorlage, während die Nationalliberalen mehrfach Bedenken gegen die Vertretung durch einige Kategorien der Zwangskassen äußerten. Die Abstimmung über § 42 wurde schließlich vertagt.4

Registerinformationen

  • 1ZfV, 8. Jg. 1884, S. 260, Sitzungsprotokoll: BArchP 01.01 Nr. 3081, fol. 227─228, Anträge: fol. 229─234. »
  • 2Vgl. Nr. 164. »
  • 3Vgl. den Abdruck der §§ 41─46 unter Nr. 173. »
  • 4Diese fand in der 15. Sitzung am 12.5.1884 statt, dabei wurde die Fassung der Subkommission ─ wie auch zu §§ 43─46 ─, jeweils geringfügig modifiziert, durch Anträge von Franz A. Buhl angenommen (Zeitschrift für Versicherungswesen, 8. Jg. 1884, S. 277); vgl. Nr. 173. »

Zitierhinweis

Abteilung II, 2. Band, 1. Teil, Nr. 165, in: Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, 2. Band, 1. Teil. Von der zweiten Unfallversicherungsvorlage bis zum Unfallversicherungsgesetz vom 6. Juli 1884. Digitale Version unter Mitarbeit von Hans-Werner Bartz, Anna Neovesky und Torsten Schrade.

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