II. Abteilung, 2. Band, 1. Teil

Nr. 156

1884 April 2

Bericht1 über die vierte Sitzung der VII. Kommission des Reichstags

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[Beratung über die §§ 5─8 der dritten Unfallversicherungsvorlage]

In der Sitzung vom 2. d. M. führte die Fortsetzung der Diskussion zu § 5 zu nochmaliger eingehender Erörterung des Standpunktes der Parteien. Bei der Abstimmung wurden folgende Anträge angenommen: I. Anträge der Abgg. Eysoldt, Gutfleisch, Hirsch und Gen.: 1. Bei der Berechnung der Rente auch den 4 M übersteigenden Lohnbetrag in Ansatz zu bringen; 2. die Beschränkung, daß im Falle teilweiser Erwerbsunfähigkeit die Rente nur bis zu 50 % des Arbeitsverdienstes bezahlt werde, zu streichen; 3. den Hinterbliebenen dessen, der den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat, keine Entschädigung zu gewähren; 4. die Karenzzeit von 13 auf 4 Wochen herabzusetzen. II. Anträge der Abgg. Buhl und Genossen: 1. die ersten 4 Wochen beim Unfalle der nicht unter das Krankenversicherungsgesetz fallenden Arbeiter dem Unternehmer des Betriebes zu belasten; 2. den Krankenkassen, welche für die den Unfallkassen zur Last fallende Zeit Unterstützung gewähren, den Rückgriff auf die Unfallkassen zu gestatten. Dagegen wurden abgelehnt: I. Die Anträge der Abgg. Eysoldt, Gutfleisch, Hirsch und Gen.: 1. die Karenzzeit ganz, event. für das Heilverfahren zu beseitigen, evtl. auf zwei Wochen herabzusetzen, mit 17 gegen 9 Stimmen; 2. die Unfallrente von 66 2/3 auf 75 % zu erhöhen, mit 17 gegen 9 Stimmen; 3. bei schweren Unfällen das Heilverfahren sofort nach Eintritt des Unfalls der Unfallversicherung zu belasten, mit 14 gegen 12 Stimmen. II.: Der Antrag der Abgg. Gutfleisch und Eysoldt, den Durchschnitt des Arbeitsverdienstes der letzten drei Jahre statt des letzten Jahres der Rente zugrunde zu legen, mit 15 gegen 11 Stimmen. § 5 erhielt hiernach folgende Fassung: [...] Vgl. den Abdruck von § 5 bei Nr. 173. Zu § 6 wurden angenommen die Anträge der Abgg. Eysoldt, Gutfleisch, Hirsch und Gen.: 1. als Ersatz der Beerdigungskosten mindestens 30 M zu gewähren; 2. die Rente der Kinder von 10 auf 15 und bei Doppelwaisen von 15 auf 20 % des Arbeitsverdienstes zu erhöhen. Dagegen werden mit 15 gegen 11 Stimmen abgelehnt die Anträge derselben Abgeordneten: 1. die Rente der Witwen von 20 bis 25 Prozent zu erhöhen; 2. den Kindern eine Unterstützung auch dann zu gewähren, wenn erst nach dem Unfall die Ehe geschlossen ist. ─ Der § 7 wurde nach der Vorlage angenommen, jedoch mit der Änderung, daß freie Kur und Verpflegung in einem Krankenhause auch gewährt werden kann für Verunglückte, welche verheiratet sind oder bei einem Mitgliede ihrer Familie wohnen, wenn die Art der Verletzung Anforderungen an die Behandlung oder Verpflegung stellt, denen in der Familie nicht genügt werden kann oder wenn der Verunglückte einwilligt. ─ Der § 8 wurde nach der Fassung der Vorlage unverändert angenommen und dann die Debatte vertagt.

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Registerinformationen

Personen

  • Hertling, Prof. Dr. Georg Freiherr von (1843─1919) Philosoph, MdR (Zentrum)
  • Oechelhäuser, Wilhelm (1820─1902) Industrieller, MdR (nationaliberal)
  • 1ZfV, 8. Jg. 1884, S. 167, SP: BArchP 01.01 Nr. 3081, fol. 111─121, Anträge fol. 122. »

Zitierhinweis

Abteilung II, 2. Band, 1. Teil, Nr. 156, in: Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, 2. Band, 1. Teil. Von der zweiten Unfallversicherungsvorlage bis zum Unfallversicherungsgesetz vom 6. Juli 1884. Digitale Version unter Mitarbeit von Hans-Werner Bartz, Anna Neovesky und Torsten Schrade.

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