Chronologische Liste aller Quellen

Band- und Abteilungsübergreifende chronologische Liste aller Quellen. Aktuell enthalten: Band 1, Abteilung II. Sortiert nach Datum.

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Abteilung II, 2. Band, 1. Teil

[ Druckseite 655 ]

Anhang 1*

1863 Februar [6]

Denkschrift1 des Stadtrates a. D. Theodor Riedel2 für den Regierungsrat Karl Ludwig Zitelmann3

Abschrift

[In Form eines Gesetzentwurfs wird eine staatliche Altersversorgungsanstalt für die preußischen Staatsbürger vorgeschlagen, der Arbeiter soll einen Rechtsanspruch auf eine Rente erwerben; gegen eine Privatversicherungsanstalt sprechen Spekulation und das Fehlen von Garantie, das Vertrauen der Arbeiter sowie die Vorteile für den Staat]

Entwurf eines Gesetzes über die Altersversorgungsanstalt der preußischen Staatsbürger

Die allgemeinen Motive liegen in der Entwicklung der Industrie und in der Hilflosigkeit, welche den Arbeitern nach Abnutzung ihrer Arbeitskräfte droht. Je mehr der Industrialismus sich entwickelt, desto schneller nutzen sich die Arbeitskräfte der Arbeiter ab, desto früher tritt die Hilflosigkeit ein, desto größer wird ─ ohne vorbeugende Maßregeln ─ die Armenlast und die damit verbundene Demoralisation.

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Die Altersversorgung, die sich der Arbeiter als ein Recht erwirbt, hebt seine Sittlichkeit, sie erleichtert den Kommunen die Armenpflege, sie bahnt eine Umgestaltung der Armenverfassung an, die in weiterer Folge das Abschließungssystem einer Gemeinde gegen die andere beseitigt und der Freizügigkeit die Bahn bricht. Die Alterversorgung wirkt daher für die Industrie selbst vorteilhaft, sie macht die Verpflanzung der Industrie auf das platte Land möglich. Dadurch andere Arbeitsteilung und -vereinigung (Fabrikarbeit mit Landbau), wodurch der Mensch nicht zu einer Maschine wird.

Es kann bei den evidenten Vorteilen einer Altersversorgungsanstalt nur fraglich sein, ob sie nicht besser der Privatspekulation zu überlassen ist? Zu verneinen:

1. Weil im Interesse der Arbeiter die Spekulation von solchem Institut ferngehalten, der Unternehmer sogar Opfer (Verwaltungskosten) bringen muß. Die Beiträge der Arbeiter sind an und für sich schon hoch und tragen nicht die Kosten, die ein solches Institut in Privathänden verursachen würde.

2. Die Garantie für Zahlung der Pensionen möchte schwerlich ein Privatunternehmer übernehmen (wenigstens nur gegen sehr übermäßige Prämie).

3. Die Arbeiter würden zu einem Privatinstitut nicht das nötige Vertrauen haben.

4. Der Staat würde ein Privatunternehmen für seine Zwecke nicht so nutzbar machen können, wie das eigene.

Daher [ist] ein solches Institut nur möglich als Staatsinstitut, so auch in Belgien (Gesetz vom 8. Mai 1850).4

Für den Staat hat die Organisation kaum Schwierigkeiten oder Kosten, da er überall seine Organe hat. Das Risiko, welches der Staat unzweifelhaft übernimmt, kann bei einer vorsichtigen Verwaltung nicht gefährlich werden. Droht dasselbe ja, die Kräfte der Steuerzahler zu übersteigen, so kann und wird das Gesetz die Kasse für neue Teilnehmer schließen. Dagegen nicht zu unterschätzen: Die engere Verknüpfung der Arbeiter mit dem Staate (auch die den Staatskassen zufließenden baren Mittel).

Die Bedenken des Zentralvereins (S. 45) gegen eine Staatsanstalt scheinen ganz unbegründet.5

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Wir verordnen pp.

§ 1

Unter Garantie des Staats und unter Leitung der Regierung wird eine Allgemeine Preußische Altersversorgungsanstalt begründet.

§ 2

Jeder preußische Staatsangehörige, der das 15. Lebensjahr vollendet hat, kann durch eine bei der Annahmestelle gemachte Einzahlung die nach dem angehängten Tarif zu berechnende Rente auf Lebenszeit erwerben.

Jede Einzahlung muß mindestens 10 Silbergroschen betragen oder durch diesen Betrag teilbar sein.

Beim Ankauf der Rente wird jedes angefangene Lebensjahr als vollendet angesehen.

[Erläuterung]

In Belgien muß gleich ein Kapital (mind. 5 Fr.) eingezahlt und eine Rente von mindestens 24 Fr. erworben werden.

Der nebenstehende Vorschlag (aus dem Statut des Zentralvereins entnommen) erscheint empfehlenswerter, weil er mit der Altersversorgung gleich die Sparkasse verbindet und dem Arbeiter auch schon für kleine Ersparnisse eine Rente gewährt.

Für 10 Sgr. Einlage im 16. Jahre beträgt die Rente jährlich:

bei in 55 Jahren fällig: 6 1/2 Sgr.
" " 60 Jahren fällig: 10 "

11

Pf.
" " 65 Jahren fällig: 19 "

3

"

Freilich wird die Verwaltung dadurch umfangreicher.

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In Belgien ist für den Zutritt das 18. Lebensjahr erfordert. Da das Institut gewissermaßen ein Wohltätigkeitsinstitut ist, so wird es nur auf preußische Staatsangehörige zu beschränken sein.

In Belgien besteht die Beschränkung, daß die Rente mindestens 10 Jahre vor ihrem Eintritte erworben werden muß. Überflüssig, wenn der Tarif richtig ist. (Der 55jährige erhält für den Taler, den er einzahlt, nur 2 1/2 Sgr. Rente; wenn er also auch das 70. Jahr erreicht, hat die Anstalt noch keinen Nachteil, sondern gewinnt immer noch Zinsen). Der Tarif I und II des Zentralvereins (S. 19, 20) beruht auf einem Zinsfuß von 4 %. Der belgische gewährt 5 %. (Hier erkauft man mit 4 Tlr. im 18. Lebensjahre eine Rente von 5 Talern, für das 55. Lebensjahr dort nur 2 Tlr. 12 Sgr.)

Der Staat kann aber sein Geld nicht mit 5 % verwerten, kann daher nur 4 % zahlen, wenn er nicht zuschießen soll. Deshalb empfiehlt sich der Tarif des Zentralvereins.

Nach dem Statut des Zentralvereins § 14 (Tarif III) muß jeder Rentenkäufer auf mindestens 10 Taler Begräbnisgeld versichern. Der Zweck dieser eigentümlichen Bestimmung ist (S. 55), den Tod der Versicherten zu erfahren, um eine möglichst richtige Bilanz zu erzielen. Diese zweckmäßige Verwaltungsmaßregel verteuert aber den Rentenkauf (schon den 16jährigen kostet das Begräbnisgeld 3 Tlr. 22 1/2 Sgr.), zu Begräbniskostenversicherung ist überdies anderweitig Gelegenheit genug, und die Bilanz rektifiziert sich genügend durch die in 4 Jahren eintretende Verjährung nicht abgehobener Renten.

Zur Vereinfachung des Ganzen dürfte von Begräbniskostenversicherung abzusehen sein.

§ 3

Die Summe von 240 Talern Rente für eine Person darf durch die erworbenen Renten nicht überschritten werden.

Diejenigen, welche sich Rentenverschreibungen zu einem höheren Gesamtbetrage haben zuschreiben lassen, können denselben nicht erhalten und können nur die Rückzahlung des zuviel eingelegten Kapitals ohne Zinsen verlangen. Sie verlieren auch diesen Anspruch, wenn sie eine oder mehrere jenes Maximum überschreitende Rentenzahlungen angenommen haben.

[Erläuterung]

[zu Abs. 1] In Belgien 720 Fr.

[zu Abs. 2] Dem belgischen Gesetz entnommen.

Die Bestimmung des Zentralvereins § 12, daß nie die Rückzahlung des zu viel eingezahlten Kapitals gefordert werden darf, scheint hart und ungerechtfertigt.

§ 4

Der Versicherer hat bei Erwerbung der Renten zu bestimmen, ob er mit dem 55., 60. oder 65. Jahre in den Genuß der Rente treten will. Die getroffene Wahl ist unwiderruflich.

Ein und derselbe Versicherer kann Renten für verschiedene Altersstufen erwerben.

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§ 5

Die Einzahlungen werden unwiderruflich Eigentum der Anstalt mit Ausnahme der das Maximum der Rente übersteigenden Beträge (§ 3). Rentenerwerbungen können wegen mangelnder Dispositionsbefugnis der Einzahler nicht angefochten werden.

[Erläuterung]

Eine Bestimmung, daß und wie die Fonds zinsbar angelegt werden sollen, wie sie im § 17 des Zentralvereinsentwurfs und Art. 19 des Belgischen Gesetzes enthalten ist, scheint ─ als selbstverständlich ─ überflüssig resp. der Instruktion (§ 14) vorbehalten werden zu können.

§ 6

Jedermann kann Gelder einzahlen und Rentenbücher entnehmen im Namen und für Rechnung eines Dritten, die Renten selbst aber werden nur denen ausgezahlt, auf deren Namen sie eingetragen sind.

Die Renten können weder verpfändet, übertragen, noch mit Beschlag belegt werden.

[Erläuterung]

Belgisches Gesetz Art. 12

Die Einzahlung für Rechnung eines Dritten ist besonders wichtig. Die Arbeitgeber können z. B. durch Ortsstatute angehalten werden, Renten für ihre Arbeiter zu erwerben.

§ 7

Die Renten werden fällig mit dem 1. desjenigen Kalenderquartals, welches auf den Tag folgt, an welchem der Versicherte sein resp. 55., 60. oder 65. Jahr vollendet hat. Sie werden monatlich in Zwölfteln pränumerando ausbezahlt. Renten, die den Betrag von einem Taler für das Jahr nicht übersteigen, werden jährlich pränumerando bezahlt.

[Erläuterung]

Die monatlichen Zahlungen, wie in Belgien, sind den jährlichen vorzuziehen.

Bei kleinen Renten würde diese Monatszahlung zu mühsam sein.

§ 8

Zur Erhebung der Renten hat der Empfänger sich persönlich bei der Zahlungsstelle einzufinden oder den Nachweis seines Lebens auf glaubhafte Weise zu führen.

[Erläuterung]

Daß der Empfänger auch bei Fälligkeit der Rente seinen Wohnsitz im Lande haben muß, wie dies das Belgische Gesetz Art. 14, freilich vorbehaltlich der Gestattung von Ausnahmen vorschreibt und der Entwurf des Zentralvereins übernommen hat, scheint bei dem privatrechtlichen [sic!] Charakter des Instituts kaum gerechtfertigt.

Lebensatteste als bestimmte Bedingungen der Auszahlung würden zu weitläufig sein. Die persönliche Vorstellung genügt in den meisten Fällen.

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§ 9

Renten, welche in 4 Jahren nach Ihrer Fälligkeit nicht abgehoben werden, verfallen der Anstalt und werden dem Reservefonds überwiesen. Vier Jahre hintereinander nicht abgehobene Renten werden gelöscht.

[Erläuterung]

Wenn die Renten nicht gelöscht werden, so fließen sie zuletzt alle in den Reservefonds, und die Anstalt wird zahlungsunfähig. Die Lösung muß auch erfolgen, sobald der Tod des Versicherten glaubhaft bekannt wird. Wie dies zu bewerkstelligen ist, muß die Instruktion ergeben.

§ 10

Wenn eine versicherte Person, deren Existenz einzig und allein von ihrer Arbeit abhängt, durch Verlust eines Gliedes oder auf andere unverschuldete Weise vor Eintritt der Pensionsberechtigung erwerbsunfähig wird, so kann ihr von der Direktion eine jährliche Unterstützung bis zur Höhe der von ihr versicherten Rente aus dem Unterstützungsfonds der Anstalt bewilligt werden.

[Erläuterung]

Nach dem belgischen Gesetz Art. 9 und dem Entwurf des Zentralvereins Art. 27 ist die Anstalt in diesen Fällen zur Zahlung der Rente verpflichtet. Das ergibt aber unklare und vielleicht sehr gefährliche Verpflichtungen.

§ 11

Um die Mittel zu derartigen Unterstützungen zu gewinnen, wird ein besonderer Unterstützungsfonds gebildet, dem die der Anstalt etwa zufließenden Geschenke und letztwilligen Zuwendungen und die Zinsen des Reservefonds überwiesen werden.

Wenn die Höhe des Fonds es gestattet, kann derselbe auch zur dauernden oder vorübergehenden Erhöhung der Renten verwendet werden.

[Erläuterung]

Es wäre gut, wenn der Fonds, bis er durch die Zinsen und Geschenke gespeist wird, eine jährliche Staatsdotation erhielte, vielleicht 1000 Taler.

Die Überschüsse der Anstalt fließen wohl in einen Reservefonds? Nach dem Statut des Zentralvereins findet bei Auswanderung eine Rückzahlung der Einlage statt. Das kompliziert aber das Verhältnis und ist die Rückzahlung bei dem angenommenen Grundsatz, daß Auswanderung den Anspruch auf Renten nicht aufhebt, nicht erforderlich.

§ 12

Die Altersversorgungsanstalt wird unter Aufsicht des Ministers des Innern durch eine Direktion von 5 Mitgliedern, die der König ernennt, auf Staatskosten, als besondere, für sich bestehende Anstalt verwaltet.

[Erläuterung]

Belgisches Gesetz Art. 17

Auch Finanzminister?

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§ 13

Die Kommunalbehörden und Regierungen bilden die Instanzen dieser Direktion. Die Kommunalbehörden müssen namentlich die Annahme der Rentenkaufgelder und die Auszahlung der Renten für Rechnung der Anstalt ohne Anspruch auf Entschädigung übernehmen.

[Erläuterung]

Die Erleichterung, welche ihnen in der Armenpflege gewährt wird, ist eine hinreichende Entschädigung. Mit Zuhilfenahme der Kommunalbehörden ist die Anstalt praktisch durchführbar.

§ 14

Über die Form der Rentenbücher, über die Art und Weise, wie die nach diesem Gesetze nötigen Nachweise (§ 2, 8, 10) zu führen sind, über den Geschäftsverkehr der Anstalt mit den Versicherten und den Organen der Anstalt untereinander sowie über die Buchführung bestimmt das Nähere eine von den Ministern des Innern und der Finanzen zu erlassende Institution.

[Erläuterung]

Es ist besser, die Details, also z. B. ob beim Einkauf Taufscheine vorzulegen sind, wie die Kontrolle über die Einzahlungen einzurichten ist usw., einer besonderen Instruktion vorzubehalten.

Das Statut des Zentralvereins enthält dazu in den § 18, 19, 20, 21, 24, 25 das Material. Das Belgische Gesetz verlangt im Art. 16 für die nähere Ausführung eine königliche Verordnung. Richtiger ist wohl die ministerielle Instruktion.

§ 15

Die Rechnung der Anstalt wird in jedem Jahre abgeschlossen, von der Oberrechnungskammer geprüft und festgestellt und dem Landtage zur Entlastung der Direktion und der Regierung vorgelegt.

[Erläuterung]

§ 31 des Entwurfs des Zentralvereins, Art. 20 des Belgischen Gesetzes, Art. 104 der Verfassung.

§ 16

Die Anstalt genießt für alle ihre Verhandlungen Stempel-, Porto- und Sportelfreiheit.

§ 17

Über die Ansprüche der Interessenten an die Anstalt entscheidet die Direktion endgültig mit Ausschluß des Rechtswegs.

§ 18

Wenn das eigene Vermögen der Anstalt, soweit dasselbe nach diesem Gesetze zur Bezahlung der Renten verwendet werden kann, zur Erfüllung der Verbindlichkeiten der Anstalt nicht ausreicht, werden die fehlenden Geldmittel aus der Generalstaatskasse zugeschossen.

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Bevor dergleichen Zuschüsse eintreten, muß indessen zunächst der Reservefonds der Anstalt erschöpft werden.

Das Wichtigste ist der dem Gesetze auszuhängende Tarif

Der von dem Zentralverein entworfene (S. 19─22) ist mit solcher Vorsicht entworfen (S. 50), daß bei Anwendung desselben dem Staate eher Vorteil als Nachteil erwächst. Auch ist zu den Beratungen die Autorität eines Dr. Raedel7 (S. 2) zugezogen worden. Mit der Aufstellung des Tarifs und der Verpflichtung der Kommunalbehörden, der Anstalt als Organe zu dienen, sind die Hauptschwierigkeiten eines derartigen Unternehmens behoben und es bliebe nur noch zu erwägen, ob und welche Einrichtungen nötig und möglich sind, um das Absterben der Pensionsberechtigten zu erfahren. Ohne eine solche Kontrolle würde die Anstalt die Rente noch 4 Jahre lang statt sie zu löschen, zum Reservefonds abführen; dadurch könnte er in die Lage kommen, unnötigerweise Zuschüsse zu leisten.

Ob der Staatszuschuß eintritt, solange die Anstalt noch verwendbares Kapital besitzt?

Meo voto Nein! Denn die Anstalt ist nicht auf Zinserträgen (zu) fundieren, sie muß ihr Kapital verwenden (mit Ausnahme der Stiftungen u. dergl.) bevor sie Staatsunterstützung beanspruchen darf.

Ob eine Bestimmung nötig ist, daß die Fonds bei Auflösung der Anstalt dem Staate zufallen?

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Registerinformationen

Personen

  • Buhl, Dr. Franz Armand (1837─1896) Gutsbesitzer, MdR (nationalliberal)
  • Eulenburg, Friedrich Graf zu (1815─1881) preuß. Minister des Innern
  • Hegel, Immanuel (1814─1891) Vortr. Rat im Staatsministerium
  • Hinckeldey, Karl Ludwig Friedrich (1805─1856) Polizeidirektor im preuß. Innenministerium
  • Keil, Oberbergmeister, Kattowitz
  • Lassalle, Ferdinand (1825─1864) Arbeiterführer
  • Raedel, Dr. Karl Versicherungstechniker
  • Riedel, Theodor (1820─1890) Stadtrat a.D., Mitarbeiter im preuß. Staatsministerium
  • Schmoller, Prof. Dr. Gustav (1838─1917) Nationalökonom
  • Schönberg, Prof. Dr. Gustav (1838─1908) Nationalökonom
  • Wagener, Hermann (1815─1889) Justizrat und Publizist, Vortr. Rat im preuß. Staatsministerium, MdR (konservativ), , Freund und Berater Bismarcks
  • Zitelmann, Karl Ludwig (1816─1898) Regierungsrat im preuß. Staatsministerium, Geheimsekretär Bismarcks
  • *Ergänzung zu “Grundfragen staatlicher Sozialpolitik” (1994) (Bd. 1 der I. Abteilung dieser Quellensammlung); vgl. dazu die Einleitung des vorliegenden Bandes, S. 41 f. »
  • 1GStA Dahlem (M) Rep. 90 Tit. 48 Nr. 56 fol. 143─150; die Denkschrift ist weder datiert noch schlußgezeichnet, die Verfasserschaft Riedels ergibt sich aber aus dessen Vermerk vom 5.2.1866 zu einer Denkschrift des Königlichen Oberbergmeisters Keil aus Kattowitz v. 2.2.1866, die Zitelmann He(rrn) Stadtrat a.D. Riedel br(eve) m(anu) hinten im litt(erarischen) B(üro) zustellen ließ: Dies ist im wesentlichen derselbe Vorschlag, den ich mir bereits vor einigen Jahren unter Hinweis auf Belgien und unter Bezugnahme auf das von dem Central-Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen ausgearbeitete Projekt zu machen erlaubt habe. Das Material befindet sich in den Akten des Königlichen Staatsministeriums und die Durchführung eines solchen Projekts ist jetzt dadurch erleichtert, daß der Vorgang England mit den Postsparkassen bewiesen hat, daß der Staat in den Postanstalten vorzüglich geeignete Organe für derartige volkstümliche, überall hin verzweigte Kasseneinrichtungen besitzt. (ebd., fol. 170─170 Rs.) In dem Aktenstück befinden sich jeweils neben den einzelnen Paragraphen Bemerkungen zu denselben, die wir hier nachstehend eingerückt abgedruckt haben.In der gleichen Akte befinden sich ─ ebenfalls ohne Angabe des Verfassers ─ Hermann Wageners Denkschrift v. 13.2.1863 (Abdruck: Grundfragen staatlicher Sozialpolitik, Nr. 2) in Abschrift (fol. 142─142 Rs.), mit Kopfvermerk Zitelmanns Herrn Geh.Rat Hegel z. gef. Vortrag, sowie Hegels eigenhändiger Reinentwurf für Bismarcks Schreiben an den preußischen Minister des Innern Friedrich Graf zu Eulenburg v. 18.3.1863 (fol. 151─152, Abdruck: Grundfragen staatlicher Sozialpolitik, Nr. 4), den Bismarck paraphiert, nicht aber abgeändert hat. »
  • 2Theodor Riedel (1820─1890), Stadtrat a.D., war der von Lassalle als “Meschores” (Faktotum) titulierte Zwischenträger zu Bismarcks Geheimsekretär Karl Ludwig Zitelmann; vgl. über jenen: Florian Tennstedt/Heidi Winter, Der “Meschores” von Ferdinand Lassalle, in: Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, 1994, S. 508 f. »
  • 3Karl Ludwig Zitclmann (1816─1898), Regierungsrat, seit 1862 als kommissarischer Hilfsarbeiter (abgeordnet von der Regierung in Frankfurt/O.) im Staatsministerium tätig; Geheimsekretär Bismarcks und Kurator des “Preußischen Staatsanzeigers”. Gustav Schönberg, der mit ihm (wie auch mit Ferdinand Lassalle) eng befreundet war, hielt ihn für einen der gebildetsten Beamten des preuß. Staats aus der guten alten Schule (Brief an Gustav Schmoller v. 20.9.1873, GStA Dahlem (M), Rep. 92 Schmoller Nr. 141); Z. dürfte (neben Hermann Wagener) Spiritus rector der frühen sozialpolitischen Experimente Bismarcks sowie von dessen Kontakten zu Ferdinand Lassalle gewesen sein. »
  • 4Vgl. dazu “Grundfragen staatlicher Sozialpolitik”, Nr. 10; das belgische Gesetz ist abgedruckt im 8. Heft der “Mitteilungen des Centralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen” vom 30.10.1850, S. 124 ff. (ND Hagen 1980, hier Bd. 2, S. 858 ff.). »
  • 5Hier und im folgenden bezieht sich Theodor Riedel (mit seinen Seitenangaben auf Materialien, die in der 6. Lieferung der “Mitteilungen des Centralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen” v. 14.1.1850 abgedruckt worden waren (ND: Hagen 1980, Bd. 2, S. 646 ff.): Gesetzentwurf, Statutenentwurf, Tariftabellen sowie Motive zu Gesetzentwurf und Statuten, die als Anlage II (ND, S. 707 ff.) den Entwurf des belgischen Gesetzes enthalten. Als Eingabe des Zentralvereins befinden sich diese Materialien in metallographierter Form auch in GStA Dahlem (M) Rep. 90 Tit. 48 Nr. 56 Bd. 1, fol. 1─51 Rs.; vgl. im übrigen dazu die in “Grundfragen staatlicher Sozialpolitik”, Nr. 4, aufgeführte Literatur. Möglicherweise war auch Theodor Riedel, der bis 1852 als Regierungsassessor Gewerbereferent beim Berliner Polizeipräsidium war, amtlicherseits mit der Eingabe befaßt, jedenfalls wurde ein Druckexemplar des Statutenentwurfs im Pulte des verstorbenen General-Polizeidirektors v. Hinckeldey vorgefunden (GStA Dahlem (M) Rep. 77 Tit. 4013, Nr. 6, Bd. 1, n.fol.). Der Zentralverein hatte sich mit folgender Argumentation gegen eine Staatsanstalt nach belgischem Muster, deren Einnahmen unmittelbar in den Staatsschatz fließen, gewandt: Eine Vermischung des Vermögens der Anstalt mit dem des Staates würde nicht nur Mißtrauen erwecken und die Besorgnis, daß bei Erschütterungen des Staates die Einlagen der Teilnehmer der Anstalt verwendet werden möchten, sondern sie würde auch, wenn solche Besorgnis ungegründet wäre, die Gefahr mit sich führen, daß im Fall einer feindlichen Okkupation das Vermögen der Anstalt als Staatseigentum betrachtet und behandelt werden würde. Es schien uns daher bei weitem vorzuziehen, daß die Anstalt eine eigene moralische, mit Korporationsrechten versehene Person sei und nur unter die Oberaufsicht des Staats gestellt werde. (Mitteilungen..., ND, S. 683) »
  • 7Dr.phil. Karl Raedel, Versicherungstechniker der Berliner Allgemeinen Witwenverpflegungsanstalt. »

Zitierhinweis

Abteilung II, 2. Band, 1. Teil, Nr. 188, in: Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, 2. Band, 1. Teil. Von der zweiten Unfallversicherungsvorlage bis zum Unfallversicherungsgesetz vom 6. Juli 1884. Digitale Version unter Mitarbeit von Hans-Werner Bartz, Anna Neovesky und Torsten Schrade.

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