Chronologische Liste aller Quellen

Band- und Abteilungsübergreifende chronologische Liste aller Quellen. Aktuell enthalten: Band 1, Abteilung II. Sortiert nach Datum.

Eine chronologische Auflistung der Quellen über alle Bände hinweg ist als PDF verfügbar.

Abteilung II, 1. Band

Nr. 62

1885 Mai 13

Schreiben1 des Chefs der Reichskanzlei Dr. Franz Rottenburg an den Pastor Friedrich von Bodelschwingh

Entwurf

Ablehnung des Gesuchs von Bodelschwinghs um Geldunterstützung für den Verein „Arbeiterheim“; Arbeiter mit Hausbesitz könnten zum Nachteil der Arbeitgeber den Arbeitsmarkt beherrschen

Ew. [Hochwohlgeboren] gef[älliges] Schreiben2 habe ich bei dem Herrn Reichskanzler zum Vortrag gebracht und erlaube mir aufgrund desselben Ihnen folgendes mitzuteilen.

S[eine] D[urchlaucht] ist mit den Zielen, welche der Verein zur Hebung der sozialen Lage des deutschen Fabrikarbeiters erstrebt, durchaus einverstanden; er muß es sich indes versagen, dem von Ew. [Hochwohlgeboren] geäußerten Wunsch wegen Verwendung der Bismarckspende zu entsprechen, da er über die ihm zur Verfügung gestellten Fonds bereits anderweitig disponiert hat, und hegt ferner auch das Bedenken, ob der von dem genannten Verein gewählte Weg ein zweckentsprechender sei.

S. D. hält es für dringend wünschenswert, daß die Wohnungsverhältnisse der Arbeiter verbessert werden, und verspricht sich insbesondere von einem werktätigen Eingreifen der Arbeitgeber nach dieser Richtung hin gute Erfolge. Es scheint ihm jedoch bedenklich, den Erwerb von Grund u. Boden seitens der Arbeiter, wie der Verein es in Aussicht genommen hat, zu begünstigen, weil er befürchtet, daß das gute Einvernehmen zwischen Arbeiter und Arbeitgeber dadurch gefährdet werden würde. Indem der Arbeiter in der Nähe der Fabrik, in der er beschäftigt ist, Besitz erwirbt, wird er notwendig die Herrschaft über den Arbeitsmarkt gewinnen, sein Angebot wird das einzige sein, weil andere Arbeitskräfte mit ihm nicht werden konkurrieren können, und dadurch muß der Arbeitgeber in ein Abhängigkeitsverhältnis geraten, welches um so bedenklicher erscheint, als die Neigung zu erhöhten Forderungen in dem Arbeiter durch das Bewußtsein, in seinem Besitz einen Rückhalt zu haben, gesteigert werden wird.

[ Druckseite 268 ]

Indem ich Sie bitten darf, diese Mitteilung gef[älligst] als eine vertrauliche behandeln zu wollen, bin ich in vorzüglichster Hochachtung ...

Registerinformationen

Orte

  • Bielefeld

Personen

  • Sommerfeld, Gustav von (1837–1905) , Oberst, Adjutant des Kronprinzen Friedrich Wilhelm
  • 1Entwurf von der Hand Rottenburgs: B Arch R 43 Nr. 429, fol. 135─135 Rs.; die Ausfertigung ist im Hauptarchiv der Von-Bodelschwinghschen-Anstalten nicht überliefert. »
  • 2Vgl. Nr. 59. »

Zitierhinweis

Abteilung II, 1. Band, Nr. 62, in: Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, 1. Band: Grundfragen der Sozialpolitik. Die Diskussion der Arbeiterfrage auf Regierungsseite und in der Öffentlichkeit, bearbeitet von Wolfgang Ayass, Florian Tennstedt und Heidi Winter. Digitale Version unter Mitarbeit von Hans-Werner Bartz, Anna Neovesky und Torsten Schrade.

Permalink: https://quellen-sozialpolitik-kaiserreich.de/id/q.02.01.00.0062

Nachnutzung: Digitale Quellensammlung und Forschungsdaten stehen unter einer Creative Commons Attribution 4.0 International (CC-BY 4.0) Lizenz. Weiterverwendung unter Namensnennung und Angabe des Permalinks.