Chronologische Liste aller Quellen

Band- und Abteilungsübergreifende chronologische Liste aller Quellen. Aktuell enthalten: Band 1, Abteilung II. Sortiert nach Datum.

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Abteilung II, 1. Band

Nr. 7

1881 November 14

Sitzungsprotokoll1 des preußischen Staatsministeriums

Niederschrift, Teildruck

Bismarck berichtet über den Verlauf seines Vortrags bei Wilhelm I. zur neuen Reichstagssession

[...] Der H[err] Ministerpräsident teilte mit, daß Seine Majestät der Kaiser am 17. d. M. den Reichstag persönlich eröffnen wollten.2 Sollte dies wider Verhoffen nicht angängig sein, so werde er ─ der Reichskanzler ─ durch Verlesung der Kaiserlichen Botschaft im allerhöchsten Auftrag den Reichstag eröffnen. Der Staatsminister v. Boetticher verlas die Thronrede und wurden an derselben einige geringfügige Fassungsänderungen vorgenommen, darunter eine nach Intentionen, welche Seine Majestät der Kaiser auf dem allerhöchstderselben überreichten Exemplar angedeutet hatte.3 Der Herr Vizepräsident4 bemerkte zu dem Satz, welcher von der Entlastung der Gemeinden „von Armen- und Schullasten“ handelt,5 der Herr Reichskanzler habe früher nur ins Auge gefaßt, die Gemeinden von einem Teil dieser Lasten zu befreien. Der Herr Reichskanzler entgegnete, die gewählte Fassung sei wohlerwogen und einer Änderung nicht bedürftig, da die angezogene Stelle nicht eine Entlastung von den Armen- und Schullasten, also nicht von allen dgl. Lasten in Aussicht stelle. Sollte gleichwohl der Satz so, als ob letzteres der Fall, verstanden werden, so erblicke er hierin nicht einen Mißstand.

Unter einigen Andeutungen über die zunächst einzuschlagende Politik bemerkte der Herr Reichskanzler, er habe von Seiner Majestät die Ermächtigung erbeten und erhalten, falls er für seine Politik eine Majorität im Reichstag nicht erlange, mit den Führern des Zentrums und der Liberalen, als die beiden Seiten der voraussichtlichen Reichstagsmajorität, in Unterhandlung darüber zu treten, ob und unter welchen Bedingungen sie die Leitung der Reichsgeschäfte zu übernehmen bereit seien.

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Registerinformationen

Orte

  • Berlin
  • Varzin (Kreis Rummelsburg)

Personen

  • Franckenstein, Georg Arbogast Freiherr von , und zu (1825–1890) , Jurist und Gutsbesitzer in Ullstadt (Be-, zirksamt Scheinfeld), MdR (Zentrum), Vizepräsident des Reichstags
  • Frankenberg und Ludwigsdorf, Friedrich Graf von (1835–1897) , Herrschaftsbesitzer in Tillowitz (Kreis Falkenberg), MdR (Deutsche Reichspartei)
  • Kardorff, Wilhelm von (1828–1907) , Rittergutsbesitzer in Wabnitz bei Bernstadt (Kreis Oels) und Industrieller, MdR , (Deutsche Reichspartei)
  • Moufang, Dr. Christoph (1817–1890) , Bistumsverweser in Mainz, MdR (Zentrum)
  • Rauchhaupt, Wilhelm von (1828–1894) , Rittergutsbesitzer in Storckwitz (Kreis Delitzsch), Landrat, konservativer Politiker
  • Stoecker, Adolf (1835–1909) , Hofprediger in Berlin, MdR (konservativ)
  • Stolberg-Wernigerode, Udo Graf zu (18401910), Fideikommißbesitzer in Kreppelhof (Kreis Landeshut), MdR (konservativ)

Sachindex

  • Altersversorgung, siehe auch Gesetz, betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung
  • Antisemitismus
  • Außenpolitik
  • Berliner Bewegung
  • Bundesregierungen
  • Juden
  • Parteien
  • Parteien – Deutsche Reichspartei
  • Parteien – Fortschritt, Freisinn
  • Parteien – Nationalliberale
  • Reichstagswahlen
  • Reichstagswahlen – 1881
  • Sozialreform
  • Tabakmonopol
  • 1GStA Berlin I. HA Rep. 90a B III 2 b Nr. 6 Bd. 93, fol. 218─219; Teilnehmer: Otto Fürst v. Bismarck, Robert v. Puttkamer, Georg v. Kameke, Albert Maybach, Karl Hermann Bitter, Dr. Robert Lucius, Dr. Heinrich Friedberg, Karl Heinrich v. Boetticher, Gustav v. Goßler, Protokollant war Gustav Homeyer; vgl. ergänzend auch Nr. 8. »
  • 2Nach dem Eintrag Hoffourierjournal vom 14.11.1881 war Bismarck um 16.15 Uhr bei Wilhelm I. (GStA Berlin BPH Rep. 113 Nr. 73, n. fol.). »
  • 3Dieses dem Kaiser überreichte Exemplar konnte nicht ermittelt werden, vgl. aber die an der Reinschrift der Zweitfassung von v. Boetticher vorgenommenen Änderungen (BArch N 1025 [Boetticher] Nr. 33, fol. 72─82) sowie die daraufhin in Großlettern gesetzte Fassung für Wilhelm I. zum Verlesen als Thronrede (BArch R 1501 Nr. 14638, fol. 110─124). »
  • 4Robert v. Puttkamer. »
  • 5Vgl. die Transkription unter Nr. 6, S. 44 ff. In einem Bescheid Bismarcks an einige märkische Bauern wurde ausgeführt: Sie bezeichnen die Kornzölle mit Recht als Äquivalent für die direkten Staats- und Gemeindesteuern, mit denen unsere inländische Kornproduktion immer noch sehr viel höher als die ausländische durch den Zoll belastet ist. Diese Ungleichheit wird sich mindern, wenn es gelingt, gegen Ersatz durch indirekte Steuern die Klassensteuer vollständig abzuschaffen, daneben die Armen- und Schullasten der Gemeinden zu erleichtern und die Zuschläge zur Grundsteuer entbehrlich zu machen (vgl. Frankfurter Zeitung Nr. 321 vom 17.11.1881 und Germania Nr. 263 vom 17.11.1881). »

Zitierhinweis

Abteilung II, 1. Band, Nr. 7, in: Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, 1. Band: Grundfragen der Sozialpolitik. Die Diskussion der Arbeiterfrage auf Regierungsseite und in der Öffentlichkeit, bearbeitet von Wolfgang Ayass, Florian Tennstedt und Heidi Winter. Digitale Version unter Mitarbeit von Hans-Werner Bartz, Anna Neovesky und Torsten Schrade.

Permalink: https://quellen-sozialpolitik-kaiserreich.de/id/q.02.01.00.0007

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