Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914

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Abteilung II, 1. Band

Nr. 5

1881 November 10

Brief¹ des Legationsrats Herbert Graf von Bismarck an seinen Bruder Wilhelm Graf von Bismarck²

Eigenhändige Ausfertigung, Teildruck

Bismarck muß den Entwurf der Thronrede weiterhin redigieren

[...] Heute ist der ganze Abend der Thronrede gewidmet, die Papa vollständig neu redigieren mußte. Rottenburg³ schreibt sie eben ab, damit sie noch mit der Nachtpost nach Berlin gehen kann.⁴

Deine stenographischen Bände, welche die 4 letzten Thronreden⁵ enthielten, wurden dazu auch gebraucht, ich konnte sie deshalb noch nicht remittieren, werde es aber morgen tun.⁶ [...]

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• ¹Archiv der Otto-von-Bismarck-Stiftung Friedrichsruh, D 16, fol. 456─457. »
• ²Wilhelm Graf von Bismarck (1852─1901), Sohn und Mitarbeiter Otto v. Bismarcks. »
• ³Dr. Franz Rottenburg (1845─1907), seit Oktober 1881 Chef der Reichskanzlei. Die Abschrift Rottenburgs, die an das Reichsamt des Innern ging, ist nicht überliefert, vgl. dazu aber Nr. 6, Rottenburgs Vorlage. »
• ⁴Diese eigenhändige Abschrift konnte nicht ermittelt werden, vgl. aber Nr. 6 Anm. 1. »
• ⁵Gemeint sind wohl die Thronreden zur Reichstagseröffnung vom 9.9.1878, 12.2.1879, 12.2.1880 und 15.2.1881; von diesen enthielt explizit nur die vom 15.2.1881 eine entsprechende Aussage. »
• ⁶Der Reichskanzler hatte darum gebeten, ihm diejenigen Reden aus dem Herbst 1878, welche aussprechen, daß die Regierung zwar zur Repression der sozialistischen Überwucherungen genötigt sei, andererseits aber auch die Pflicht habe, dem Arbeiter zu helfen, wo er wirklich in Not sei und den berechtigten Kern der sozialistischen Ideen zu prüfen, zukommen zu lassen, außerdem glaubte Bismarck, daß auch in der damaligen Thronrede ein solcher Passus enthalten gewesen wäre; jedenfalls in einer seiner Reden und in denen mehrerer Abgeordneter. Lasse also die stenographischen Berichte der Herbstsession 1878 in der Reichskanzlei hierauf prüfen und das resultierende Material an Boetticher behufs Mitnahme hierher überreichen. Karl Heinrich v. Boetticher, der am 2.11.1881 Bismarck in Varzin Vortrag hielt, sollte diese Reden mitbringen (vgl. Brief Herbert v. Bismarcks an Wilhelm v. Bismarck vom 30.10.1881, Abdruck: Nr. 216 Bd. 1 der I. Abteilung dieser Quellensammlung; ein Nebenprodukt dieser Recherchen dürfte die Grundlage für einen entsprechend „inspirierten“ Artikel in der offiziösen „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ vom 12.11.1881 gewesen sein: Abdruck: Nr. 219 Bd. 1 der I. Abteilung dieser Quellensammlung). »